Nr. 247 (2019)

Das islamische Stiftungswesen – Normative Quellen und historische Ausprägungen

Nr. 247 (2019)

Von Martin Kellner

Vor rund hundert Jahren waren im Gebiet der heutigen Türkei etwa drei Viertel aller Ländereien und Gebäude als Stiftungen registriert, in der Mitte des 19. Jahrhunderts standen etwa die Hälfte des bebaubaren Landes in Algerien, ein Drittel von Tunesien und noch im Jahr 1935 ein Siebtel des kultivierbaren Landes in Ägypten im Besitz von Stiftungen.[1] Diese Zahlen geben Rückschluss auf die
historische Bedeutung der Rechtsform Stiftung in Teilen der islamisch geprägten Welt. Soziologische[1], wirtschaftliche[2], politische und kulturelle[3] Dimensionen des Stiftungswesens sind in ihrer historischen Trageweite noch nicht ausreichend erforscht, jedoch lässt sich sagen, dass es sich bei islamischen Stiftungen um eine kulturgeschichtlich höchst bedeutende Institution handelt:

It is not an exaggeration to claim that the waqf, or pious endowment created in perpetuity, has provided the foundation for much of what is considered „Islamic civilisation.“[4]

Mit dem heute registrierten Boom von Stiftungen in Deutschland[5] und der zunehmenden Relevanz „islamkonformer“ Investitionsformen und Wohlfahrtseinrichtungen gewinnt das Konzept islamischer Stiftungen auch hierzulande an Bedeutung.[6]

Am Rande sei hier erwähnt, dass auch etablierte deutsche Stiftungen (wie zum Beispiel die Mercator-Stiftung) bedeutende Impulse für die Gestaltung islamischer Theologie geben und somit einen weiteren Begegnungspunkt von Islam und Stiftungswesen darstellen.

Die Rechtsform der islamischen Stiftung als juristisch definierte Institution entstand im achten und neunten Jahrhundert[7], gestaltete sich nach verschiedenen regional und historisch spezifizierbaren Merkmalen durchaus heterogen[8] und wurde in weiten Teilen der islamischen Welt erst unter den Reformen der Kolonialisierung vielfach aufgehoben, sodass man in der Literatur zuweilen von einem Niedergang des islamischen Stiftungswesens spricht.[9]

Um die Grundzüge des islamischen Stiftungswesens darstellen zu können, ist zunächst auf die im islamischen Recht verwendete Terminologie einzugehen: Das am häufigsten verwendete Wort für Stiftung ist waqf (Pl. ʾawqāf), vor allem im westarabischen Raum ist eher die Bezeichnung ḥabs (Pl. ʾaḥbās) gebräuchlich.[10].

Die sprachliche Ableitung beider Begriffe weist auf das Grundelement dessen hin, was auch im islamischen Recht eine Stiftung ausmacht: Die (vorübergehende oder dauernde) „Festmachung“ von Besitztum und dessen Ausschluss von der wirtschaftlichen Bewegung des Güterkreislaufs. Die Dynamik von Kauf, Verkauf, Schenkung und Vererbung bestimmter Besitztümer wird in Bezug auf das gestiftete Besitztum unterbrochen bzw. gänzlich aufgehoben.

Dies korreliert mit etymologischen Bedeutungsfeldern von Vermögen – dessen arabisches Wort māl von seiner Wurzel her auf die Bedeutung „sich neigen“ (im Gegensatz zu stehen – waqafa) hinweist, während das arabische Wort für Gold – als Inbegriff für bereichernden Besitz – die Wurzel ḏ-h-b mit dem Wort „gehen“ gemeinsam hat und somit offensichtlich auf Vergänglichkeit hindeutet.

Inwiefern diese etymologischen Hinweise mit der normativen Dimension des Stiftungswesens korrelieren, soll im Folgenden dargestellt werden. In diesem Artikel soll ein Überblick über religiös-normative Begründungen und Gestaltung der Institution Stiftung in islamischen Traditionen gegeben werden.

Der schafiitische Jurist und Hadithkommentator an-Nawawī sieht im Konzept der ṣadaqa ǧāriya – der verstetigten Spende –, welches in der Hadithliteratur vielfach dokumentiert ist, eine ausreichende Begründung für die Rechtsform des Waqf. Im Kommentar zum entsprechenden Hadith stellt an-Nawawī fest, dass es einen Konsens der Gelehrten über der Rechtmäßigkeit von Stiftungen geben würde.[11]

Diesem postulierten iǧmāʿ steht aber die Argumentation früher hanafitischer Gelehrter[12] entgegen, welche normengeschichtlich nach der Konstituierung des Erbrechts durch die entsprechenden Koranverse keine Legitimation für Stiftungen mehr sahen. Sie beriefen sich auf folgende Überlieferung: „Als Sura al-Nisā’ offenbart wurde und in ihr die Erbteile verpflichtend geregelt wurden – also das Erbrecht – sagte der Gesandte Allahs: „Es darf keine Stiftung geben, welche die Pflichtanteile außer Kraft setzt (lā ḥabsa ʿan farā’iḍi llāh).“

Auch vom Prophetengefährten ʿAbd al-Raḥmān ibn ʿAwf wird berichtet, er habe Stiftungen für verpönt erachtet.[13]

Diese kritischen Stimmen stehen aber einer tatsächlich sehr breiten Akzeptanz bezüglich des Stiftungswesens in der islamischen Rechtsliteratur gegenüber. Als ein für diese Rechtsform konstituierender Hadith wird in der Literatur am häufigsten folgende Überlieferung aufgeführt, die in unterschiedlichen Versionen in den wichtigen kanonischen Hadithsammlungen vorkommt: ʿUmar bin al-Khaṭṭāb besaß ein Land in Khaibar, welches er spenden wollte. Der Prophet sagt ihm: „Wenn du willst, kannst du es (das Grundstück) stiften (ḥabbasta ‘aṣlahā) und von dessem Ertrag spenden“. Daraufhin verfügte ʿUmar, dass dieses Land weder verkauft, vererbt noch gespendet werden dürfe.[14]

Die , sollen im Folgenden exemplarisch einige in der Rechtsliteratur häufig zitierte Definitionen angeführt werden:

Bei al-Kāsānī: Hier wird der Zweck der Stiftung als konstituierendes Element dargestellt: „Die Stiftung ist eine stetige wohltätige Gabe für die Sache Gottes“[15]

Der schafiitische Rechtsgelehrte Ibn al-Farrāʾ betont ebenfalls diesen Aspekt der religiös ausgerichteten Absicht: Etwas zu stiften bedeute nämlich, „…dass man ein Objekt aus seinem Besitz festmacht, mit ihm zusammenhängende Transaktionen stoppt und die Erträge in irgendeine wohltätige Richtung fließen lässt, um sich damit Gott anzunähern.[16]

Ibn Qudāma hingegen nennt das Merkmal der Wohltätigkeit als charakteristisches Moment: „Die Blockierung des Grundbestands und die wohltätige Veräußerung des Ertrags[17].

Wesentlich häufiger in der Literatur findet sich die Beschreibung von Stiftung durch Negativkriterien, wie zum Beispiel bei as-Saraḫsī: „Die Verhinderung der Übertragung von Besitz an andere.[18]

Bei Ibn Daqīq al-ʿĪd wird der Aspekt der Dauerhaftigkeit als konstituierendes Kriterium angeführt: Stiftung ist „ein bleibendes Geschenk, welches dauerhaft in diesem rechtlichen Status bleibt.“[19]

Nach diesen exemplarisch angeführten Definitionen sind nun die normativen Vorgaben des islamischen Stiftungskonzepts näher zu betrachten:

Grundsätzlich geht man davon aus, dass ein waqf aus vier rechtlichen Grundelementen besteht, nämlich dem Stifter, dem Gestifteten, dem / den Begünstigten und dem Stiftungsakt.

Für den Stifter gelten folgende Voraussetzungen: Er muss volljährig, bei Verstand, voll geschäftsfähig sein und darf sich nicht im Zustand einer tödlichen Krankheit[20] befinden.

Das zu stiftende Gut muss ein Besitztum sein, das transaktionsfähig ist, genau definiert werden kann, im tatsächlichen Besitz des Stifters steht, von seiner Natur her stiftbar sein.[21]

Auch die durch die Stiftung begünstigte Seite wird in die normativen Schemen rechtlicher Bedingungen eingeordnet:

Grundsätzlich gilt, dass jede Richtung, der Spenden gegeben werden dürfen, auch durch eine Stiftung begünstigt werden kann – damit wird klargestellt, dass es sich nicht um den relativ eng begrenzten Empfängerkreis der Zakāh handelt, welcher von den Erträgen einer islamischen Stiftung profitieren dürfte.

Die Begünstigten müssen prinzipiell besitzfähig sein, ob es sich nun um eine natürliche oder juristische Person bzw. um eine Körperschaft handelt.[22] Durch die Bedingung der Besitzfähigkeit scheiden, wie es in der Literatur heißt, „Engel und Geistwesen (ǧinn)“ aus dem Kreis möglicher Stiftungsbegünstigter aus.[23]

Zudem wird in den Rechtswerken diskutiert, wie die Erträge einer Stiftung zu verwenden sind, wenn die eigentlich vorgesehenen Nutznießer aussterben – hier findet sich die dominante Meinung, dass die Stiftung prinzipiell Arme und Bedürftige zu versorgen habe und damit – was in der Geschichte sehr häufig stattgefunden hat – eine Stiftung von einem definierten Zweck (vor allem im Falle von Familienstiftungen) nach einer bestimmten Zeit zu einer auf Bedürftige ausgerichtete wohltätige Institution wird.

Die meisten Stiftungen in der islamischen Geschichte waren den „armen Muslimen“, den beiden heiligen Stätten, Moscheen, Koran- und Religionsschulen, aber auch bestimmten Berufsgruppen und Gilden gewidmet. In der Unterstützung religiöser Institutionen wurden zuweilen auch explizit Gelehrte ganz bestimmter Rechtsschulen und bestimmte Sufi-Bruderschaften genannt.[24] Auch christliche Gemeinden in der islamischen Welt bedienten sich des Stiftungsrechts, so ist dokumentiert, dass die Kopten in Ägypten, die Maroniten im Libanon und Anhänger der griechisch-orthodoxen Minderheit am Sinai die Anhänger ihrer Kirchen mit teilweise beträchtlichen Stiftungen bedachten.[25]

Eine besondere Rolle in normativen Abhandlungen kommt der Stiftungsaufsicht (an-nāẓir ʿalā l-waqf) zu, da diese großen Einfluss auf die wirtschaftlichen Grundressourcen von Stiftungen und damit auch eine bedeutende soziopolitische Funktion innehatte. Zum Beispiel lässt sich feststellen, dass die Übertragung der Stiftungsaufsicht an religiöse Gelehrte[26] entscheidend zu deren pekuniärer Absicherung beigetragen hat, zuweilen verdiente der Stiftungsaufseher ein Grundgehalt von über zehn Prozent des Gesamtertrags der von ihm verwalteten Institution.[27] Aber nicht nur Männer haben vom finanziellen Gewinn und sozialen Prestige  der Stiftungsaufsicht profitiert – so weist Ann Fay die wirtschaftliche und soziale Rolle von Awqaf für Frauen im osmanischen Ägypten nach, welche mit der Beaufsichtigung von Familienstiftungen beauftragt waren.[28]

In Hinblick auf den Stiftungsakt gelten wiederum folgende Bedingungen: Es muss sich um eine verbale Formulierung handeln, die den Willen des Stifters unmissverständlich ausdrückt, und in der die oben genannten Bedingungen juristisch eindeutig berücksichtigt sind. Eine im sunnitischen Fiqh viel diskutierte Meinungsverschiedenheit herrscht über die Frage, ob eine Stiftung prinzipiell befristet werden dürfe – die Forderung eines Ewigkeitsanspruchs[29] in der Stiftung würde ein wesentliches Hindernis für die Realisierung islamischer Stiftungen im Rahmen bestimmter in Europa anerkannten Stiftungsformen darstellen. Imam an-Nawawī führt dazu aus:

Wenn man sagt: ‚Ich stifte das oder jenes für die Dauer eines Jahres’, so ist diese Stiftung nach der korrekten und sicheren Meinung der Mehrheit aller Gelehrten ungültig. Es wird aber auch gesagt: Dies(e Stiftung) ist korrekt und endet mit dem Ende des (genannten) Zeitraums.“[30]

Innerhalb der sunnitischen Rechtsschulen bilden hier die malikitischen Regelungen eine Ausnahme: Es sei ja sowohl erlaubt, sein gesamtes Vermögen als auch einen Teil davon zu stiften – so sei es nur folgerichtig, dass es auch erlaubt sein müsse, eine Stiftung für die „gesamte Zukunft oder eben nur einen bestimmten Zeitraum“ zu errichten. In dem Fall würde das Stiftungskapital wieder zum Stifter zurückgehen. Der malikitische Jurist Aḥmad Dardīr schreibt über die Position seiner Rechtsschule zur Frage der zeitlich begrenzen Stiftung:

Die Dauerhaftigkeit ist keine Bedingung, und es ist erlaubt, sie (die Stiftung) auf ein Jahr oder auf irgendeinen anderen Zeitraum zu begrenzen, so dass dieser Besitz dann zu ihm (dem Stifter) selbst oder zu irgendeiner anderen Person zurückkommt.“[31]

Hinsichtlich des Stiftungsaktes unterscheidet man zwischen zwei Formen, nämlich der wohltätigen Stiftung (al-waqf al-ḫayrī)[32] und der Familienstiftung (al-waqf al-ahlī oder al-waqf aḏ-ḏurrī).

Aus kulturhistorischer Sicht stellen Stiftungsurkunden wertvolle Dokumente dar, die Auskunft über sozioökonomische Verhältnisse, innergesellschaftliche Stratifizierung und institutionelle Strukturen in bestimmten Phasen islamischer Geschichte geben können.[33]

Die Widmung der Stiftung zugunsten bestimmter Personengruppen kann die gesellschaftliche Entwicklung bestimmter Familien, Berufsgruppen, religiöser Sozialformen und sozialer Stände entscheidend prägen. Die langfristige materielle Unterstützung ideeller Konstrukte kann sowohl Katalysator gesellschaftlicher Dynamiken als auch stabilisierender Faktor sein.

Die Konstruktion der Stiftungen als eine von Individuen konstituierte Einrichtung beschreibt Hoexter folgendermaßen:

„The waqf, then, reflects the basic Islamic notion concerning the relation between the individual and the community: in contrast to West European culture, where the distinction between private and public acts was very pronounced, what Hodgson termed ‚the unitary contractualism of Islamdom’ ‚denied any special status to public acts at all…to the point where it ruled out all corporate status and reduced all actes of personally responsible individuals’. The public sphere in Islam was thus conceived of not as an antithesis to the private individual but as an integral or synthetic component of his life as a Muslim.“[34]

Die Untersuchung ökonomischer und gesellschaftspolitischer Auswirkungen von Stiftungen in islamisch geprägten Gesellschaften ist ein wesentliches Desideratum. Bisher wird höchst kontrovers diskutiert, ob das Stiftungswesen als Wirtschaftshemmnis gesehen werden kann. So sagte Shlomo Dov Goltein über den Untersuchungszeitraum vom zehnten bis zum zwölften Jahrhundert für den Mittleren Osten: „This strange system by which the dead provide fort he living is typical for a society which is becoming static and ceases to be competitive and enterprising[35]

Für bestimmte Gebiete der islamisch geprägten Welt ist nachzuweisen, dass Stiftungen zahlreiche öffentliche und semi-öffentliche Aufgaben erfüllten und durch diese Institutionen gelang zeitweise „die Einbindung der tendenziell staatsskeptischen theologischen und juristischen Elite sowie die Schaffung einer „öffentlichen Sphäre“ von Institutionen in der islamischen Gesellschaft.“[36]

Die zumindest teilweise Autonomie der Stiftungen wurde in vielen islamischen Ländern durch zentrale staatliche Regierungen aufgehoben, und dies wiederum korreliert mit einem gewissen politischen Eingriff in Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, welche durch Stiftungen gefördert worden waren, nicht zuletzt ist hier das religiöse Leben zu nennen, welches nach der Kolonialisierung durch zentrale Religionsministerien, wörtlich „Stiftungsministerien“ (wizarāt al-awqāf) geregelt werden sollten:

Die zentralisierte Verwaltung der frommen Stiftungen bzw. die hierfür geschaffenen Ministerien haben vom Staat, neben der Sicherstellung der religiösen Infrastruktur, die Propagierung eines korrekten, staatskonformen Islamverständnisses übertragen bekommen.“[37]

Die ökonomischen Auswirkungen des in vormoderner Zeit für viele islamische Länder prägenden Stiftungswesens sind noch nicht hinreichend erforscht. Deutlich ist aber, dass Stiftungen in bestimmten Phasen der Geschichte von großer zivilgesellschaftlicher Bedeutung waren:

Study of the waqf reveals a very lively public sphere, involving rulers, governors, and senior officials, side by side with all strata of the Muslim community – rich and poor, male and female – all of them participating in the creation and improvement of the public space.“[38]

[1] Zur soziologischen Dimension islamischer Stiftungswesens vgl. Armando Salvatore, The Sociology of Islam: Knowledge, Power and Civility, Wiley, Modesto 2016, S. 116-125.

[2] Die am Ende des achtzehnten Jahrhunderts in etwa 20000 registrierten Stiftungen im osmanischen Reich brachten Schätzungen zufolge Erträge hervor, die einem Drittel des gesamten Staatshaushaltes entsprachen. Vgl. Timur Kuran, „The Provision of Public Goods under Islamic Law: Origins, Impact, and Limitations of the Waqf System“, S. 849, in: Law & Society Review, Bd. 35/ 4, Blackwell 2001, S. 841-898,. Zur Rolle des Stiftungswesens als karitatives Instrument am Beispiel des mamlukischen Ägyptens vgl. Adam Sabra, Poverty and Charity in Medieval Islam: Mamluk Egypt, 1250–1517. Cambridge University Press, Cambridge 2000, S. 69-100.

[3] vgl. Ralf Lusiardi, „Stiftungen und Seelenheil in den monotheistischen Religionen des mittelalterlichen Europa. Eine komparative Problemskizze“, S. 64, in: Michael Borgolte (Hg.), Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor der Moderne. Auf der Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundlagen, Akademie-Verlag, Berlin 2005, S. 64.

[4] Peter Hennigan, The Birth of a Legal Institution. The Formation of the Waqf in Third Century a.H. Hanafi Legal Discourse, Brill, Leiden / Boston 2004, S. xiii

[5]  Vgl. Klaus Wigand et al., Stiftungen in der Praxis, Springer, Wiesbaden 2015, S. 2-14

[6] Vgl. Sven Gußmann, Islamic Finance – Welche Herausforderungen bestehen für den Finanzplatz Europa, Igel-Verlag, Hamburg 2014, S. 12

[7] Stefan Heidemann, „Frömmigkeit und Wohltätigkeit für die städtische Erneuerung. Abgaben- und Stiftungspolitik in der Mitte des 12. Jahrhunderts“, S. 64. In: Meier, A., Pahlitzsch, J. und Reinfandt, L. (Hg.), Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und sozialer Praxis. Stiftungsgeschichten Band 5, Akademie-Verlag, Berlin 2009, S. 61-78.

Die Frage, inwiefern ähnliche Institutionen aus vorislamischen bzw. benachbarten nichtislamischen Kulturen die Schaffung des muslimischen Stiftungswesens beeinflusst haben, wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Vgl. Michael Borgolte (Hg.), Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften, de Gruyter, Berlin 2014, S. 41.

[8] Islamische Stiftungen sind auch wie zu erwarten regional deutlich differenziert, wie Kogelmann (2001) für den Raum Ägypten, Algerien und Marrokko nachweist. Vgl. Franz Kogelmann, „Der Wandel des islamischen Stiftungswesens im 20. Jahrhundert am Beispiel von Marrokko, Algerien und Ägypten“, S. 219, in: Kosznowski et.al. (Hg.), Nahost Jahrbuch 2000, Opladen, Leske und Budrich, Wiesbaden 2001, S. 219-224.

Zu modernen Entwicklungen des Stiftungswesens am Beispiel Ägypten vgl. Franz Kogelmann, „Kinder unseres Viertels. Das islamische Stiftungswesen in Ägypten.“ In: Sitta von Reden (Hg.), Stiftungen zwischen Politik und Wirtschaft. Geschichte und Gegenwart im Dialog, de Gruyter, Berlin / Boston 2015, S. 51-72.

Baer (2005) hingegen stellt fest, dass das islamrechtliche Konzept der Stiftung vom Zeitraum der juristischen Formalisierung im achten Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert relativ unverändert geblieben ist. Vgl. Gabriel Baer, „The Muslim Waqf and Similar Institutions in Other Civilisations”, S. 258, in: Michael Borgolte (Hg.), Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor der Moderne: Auf der Suche nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundlagen, praktischen Zwecken und historischen Transformationen, Akademie-Verlag, Berlin 2005, 257-280

[9] vgl. Kogelmann, Wandel des islamischen Stiftungswesens, S. 219-224.

Die ältesten bekannten Stiftungen sind der Waqf für die Kaba in Mekka und der Waqf al-Khalil in Hebron. Vgl. Ahmad Dallal, „The Islamic Institution of Waqf: A Historical Overview“, S. 15,  in: Stephen Heyneman, Islam and Social Policy, Vanderbilt, Nashville  2004, S. 13-44.

[10] Das Wort „waqf“ leitet sich von der Wurzel w-q-f (stillstehen, stehen bleiben), das Wort „ḥabs“ von der Wurzel ḥ-b-s (sperren, absperren, zurückhalten, in Gewahrsam halten, fest anlegen) ab. Hans Wehr, Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Arabisch-Deutsch, Vierte Auflage, Harrasowitz, Beirut 1977. S. 969 bzw. 138.

Am Rande sei hier auch erwähnt, dass in der Imāmīya zwischen den beiden Begriffen waqf und ḥabs unterschieden wird, wobei sich aber die vorliegende Abhandlung nur mit dem Stiftungswesen im sunnitischen Recht auseinandersetzt und diese beiden Begriffe als Synonyme zu verstehen sind. Vgl. Peters, R. et al., “Waḳf”, in: P. Bearman et al., Encyclopaedia of Islam, Second Edition, URL: http://dx.doi.org/10.1163/1573-3912_islam_COM_1333 (letzter Zugriff: 27.11.2016)

[11] Muḥyī d-dīn ibn Šaraf al-Dīn al-Nawawī, šarḥ al-nawawī ʿalā ṣaḥīḥ muslim, Dār al-kutub al-ʿilmīya, Beirut 2003, Band 11 / S. 72.

Kuran weist darauf hin, dass ab dem 8. Jahrhundert mehr als ein Dutzend unterschiedlicher Koranstellen dahingehend interpretiert wurden, dass sie Hinweise auf die Rechtsform der Stiftung geben würden. Vgl. Kuran, Provision of Public Goods, 2001, S. 844 f.

[12] Dazu wird folgende Geschichte erzählt: Der Schüler Abū Ḥanīfas, Abū Yūsuf hätte seinem Lehrer in dessen Meinung unterstützt, dass Stiftungen nicht rechtmäßig seien. Als er sich dann in Madina aufgehalten habe, habe er Imām Mālik besucht und mit ihm diese Rechtsfrage diskutiert. Als Imām Mālik ihm schließlich die zahlreichen Stiftungen der Prophetengefährten in Madina gezeigt habe, habe Abū Yūsuf seine Meinung geändert und Stiftungen für legale Institutionen erklärt. Vgl. al-Bayhaqī, al-sunan al-kubrā, kitāb al-waqf / bāb man qāla lā ḥabsa ʿan farā’iḍi llāh“, Dār al-kutub al-ʿilmīya, Beirut 2003, Band 6, S. 269.

In einer Version dieser Geschichte wird Abū Yūsuf mit der Aussage zitiert: „Hätte Abū Ḥanīfa diesen Beweis gesehen, hätte er das gleiche gesagt“ (law balaġa l-dalīlu ʾAbā ḥanīfata la-qāla bihī.“ ʿAbdullāh ibn Maḥmūd al-Mūṣilī al-Ḥanafī, al-Iẖtiyār li taʿlīl al-muẖtār, Dār al-turāṯ al-ʿarabīy, Kairo 1937, Bd. 3, S. 41.

[13] Muḥammad bin Aḥmad ibn Ṣāliḥ al-Ṣāliḥ, al-waqf fī l-šarīʿati l-islāmīya wa-aṯaruhū fī tanmiyat al-muǧtamaʿ, o.A. Riyad 2001, S. 29.

[14] Vgl. Schoenblum, Legal Doctrin, S. 1195. Zur Historizität der in der Rechtsliteratur verwendeten Berichte vgl. Peter Hennigan, Formation of the Waqf , S. 107-186 und Moshe Gil, „The Earliest Waqf Foundations”, in: Journal of  Near Eastern Studies 57, 1998, 125-140 .

[15] (al-waqfu ḥabsu l-ʾaṣli wa l-taṣadduqu bi-l-farʿi) ʿAlā’ al-Dīn al-Kāsānī, Badā’iʿ al-ṣanā’iʿ, Dār al-kutub al-ʿilmīya, Beirut 2000, Band 6, S. 350.

[16] (’an yaḥbisa ʿaynan min aʿyān mālihī wa yaqṭaʿa taṣarrufahū ʿanhā wa-yaǧʿala manāfiʿahā li-waǧhin min wuǧūhi l-ẖayri taqarruban ilā llāhi ta ʿālā). Ibn al-Farrāʾ, al-Tahdīb fī l-Fiqh al-Šāfiʿī, Dār al-kutub al-ʾilmīya, Beirut 1997, Band 4, S. 510.

[17] (taḥbīsu l-ʾaṣli wa-tasbīlu l-ṯamarati) Šams al-Dīn ʿAbd al-Raḥmān Ibn Qudāma al-Maqdisī, al-Muġnī maʿa al-šarḥ al-kabīr. Dār ʿālam al-kutub, Riyadh 2004, Band 7, S. 487.

[18] (ḥabsu mamlūkin ʿani l-tamlīki min al-ġayri) Muḥammad ibn Aḥmad al-Saraẖsī, al-Mabsūṭ, Dār al-maʿrifa, Beirut 1993, Band 12, S. 34.

[19] (ʿatīyatun mu’abbadatun bāqiyatun ʿalā ḥukmihā) Ibn Daqīq al-ʿĪd, Tuḥfat al-Labīb fī šarḥ al-taqrīb, Dār ibn Ḥazm, Beirut 2008, Band 2, S. 667. Zur Differenzierung des Kriteriums der Dauerhaftigkeit s.u.

[20] Die Verfügungsrechte über eigenes Vermögen werden „am Totenbett“ in Hinblick auf mehrere Transaktionsarten deutlich eingeschränkt, um zu verhindern, dass der Sterbende über sein Gut in einer Art und Weise verfügt, die bestimmte Erbberechtigte übervorteilen und andere benachteiligen könnte. Eine kurze Zusammenfassung der diesbezüglichen Rechtsbestimmungen findet sich bei Ḥabīb Idrīs ʿĪsā al-Mazwarī, taṣarrufāt al-marīḍ maraḍ al-mawt – dirāsa muqārana, Dār al-kutub al-qānūnīyah, Kairo 2011

[21] Im historischen Überblick wurde auf die Bedeutung von Ländereien als Stiftungsvermögen bereits hingewiesen, es ist aber nachzuweisen, dass beispielweise im 12. Jahrhundert in Syrien unter Herrschaft der Zangiden städtische Immobilien als Stiftungsvermögen wesentlich bedeutender waren als Ländereien. Vgl. Heidemann, Frömmigkeit und Wohltätigkeit, S. 63

[22] Zur Rechtspersönlichkeit der Stiftung vgl. Behrens-Abouseif, Doris, „The Waqf: A legal personality?“ In: Meier, A. et al. (Hg.), Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und sozialer Praxis. Stiftungsgeschichten Band 5. Akademie-Verlag, Berlin 2009, S.55-60.

[23]  an-Nawawī, al-maǧmūʿ šarḥ al-muhaḏḏab. Dār al-kutub al-ʿilmīya, Beirut 2011, S. 292

[24] ebd., 291-294.

[25] ebd., S. 295 f. In seiner Studie über das Stiftungswesen im osmanischen Damaskus stellt Van Leeuwen heraus, dass laut al-Khaṣṣāf den Christen die Errichtung von Stiftungen zu ermöglichen sei, wenn diese in beiden Religionen als eine gottgefällige Tat angesehen wird, womit die Unterstützung notleidender Christen, nicht aber das Errichten von Kirchen ein anerkanntes Stiftungsziel gewesen wäre. Vgl. Richard Van Leeuwen, Waqfs and Urban Structure. The Case of Ottoman Damascus, Brill, Leiden u.a. 1999, S. 42.

[26] Zur Rolle von Stiftungen im Verhältnis zwischen Herrschern, Gemeinwesen und Gelehrten vgl. Miriam Hoexter, „The Waqf and the Public Sphere“, S. 129-131. In: Hoexter, Eisenstadt, Levtzion (Hg.), The Public Sphere in Muslim Societes. New York (2002), S. 119-138.

[27] Gabriel Baer, „The Waqf as a Prop for the Social System (Sixtheenth-Twentieth Centuries), S. 287 In: Islamic Law and Society, 1997/4, Nr. 3, S. 264-29. Über die wirtschaftliche Bedeutung für den Aufseher hinausgehend waren Awqāf auch bedeutende Arbeitgeber für verschiedenste Berufsgruppen, was sich durch den Niedergang der Stiftungen in der islamischen Welt entscheidend verändert hat. Für die Türkei beispielsweise wird dieser Aspekt des Stiftungswesens quantitativ folgendermaßen beschrieben: „The waqf system contributed significantly to another major economic problem: employment. The ratio of persons employed by the waqf system to those employed directly by the state fluctuated in Turkey as follows: at the turn of the century 8.23%, in 1931 12.68% and in 1990’s 0.76%. Consequently the waqf system appears to have ceased being a major source of employment in the Turkish Republic.“ Murat Cizakca,  „Awqaf in History and ist Implications for Modern Islamic Economies. In: Islamic Economic Studies, 1998 (6/1), S. 47. URL: http://www.irti.org/English/Research/Documents/IES/124.pdf (Letzter Zugriff: 30.11.2016)

[28] Vgl. Marry Ann Fay, „Women and Waqf: Property, Power and the Domain of Gender in Eighteenth-Century Egypt“. In: Medleine Zilfi, Women in the Ottoman Empire. Middle East Women in the Early Modern Era. Brill, Leiden u.a. 1997, S. 28-47. Vgl. auch Sarah Grey, Women’s Roles as Teachers, Leaders, and Contributors to the Waqf in Damascus. URL: http://thelightinhereyesmovie.com/newsite/wp-content/uploads/2012/04/Sarah-Grey-Research-report-Womens-roles-as-teachers-leaders-and-contributors-to-the-waqf-in-Damascus.pdf (letzter Zugriff 20. 6. 2018)

[29] Borgolte sieht Entfaltung von Stiftungen als Phänomen vieler „schriftgestützter Hochkulturen“ und konstatiert die Anlegung dieser auf unbeschränkte Dauer als ein Merkmal vormoderner Stiftungen, während sich „besonders in der Gegenwart Tendenzen zur Revidierbarkeit und zur Verräumlichung der Stiftungszwecke dominieren“. Michael Borgolte, Stiftung und Memoria, Akademie-Verlag, Berlin 2012, S. 405.

[30] an-Nawawī, al-maǧmūʿ, Band 16, S. 258. Sowohl in der konstituierenden Phase der Stiftungen als auch im Zuge der „Wiederbelebung“ des islamischen Stiftungswesens wurde auch außerhalb der malikitischen Rechtsschule die Möglichkeit der Befristung von Awqaf diskutiert. Vgl. Astrid Meier, „Für immer und ewig? Befristete Formen islamischer Stiftungen in osmanischer Zeit.“, S. 192.  In: Meier, A., Pahlitzsch, J. und Reinfandt, L. (Hg.), Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und sozialer Praxis, Akademie-Verlag, Stiftungsgeschichten Band 5, Berlin 2009, S. 191-212.

[31] Aḥmad bin Muḥammad al-Dardir, al-šarḥ al-ṣaġīr. Dār al-maʿārif, Kairo (o.D.), Bd. 4, S. 106.

[32] Als wohltätiger Zweck können beispielsweise „die Armen und Bedürftigen (al-fuqarā‘ wa l-masākīn) oder die heiligen Stätten in Mekka und Medina“ angegeben werden. Heidemann, Frömmigkeit und Wohltätigkeit, S. 64.

[33] Vgl. dazu am Beispiel der Mamlukenforschung: Carl Petry, „A Geniza for Mamluk Studies? Charitable Trust (Waqf) Documents as a Source for Economic and Social History“. In: Mamluk Studies Review, Vol. 2 (1998), S. 54. URL: http://mamluk.uchicago.edu/MSR_II_1998-Petry.pdf (Letzter Aufruf 2.12.2016)

[34] Hoexter, Waqf and Public Sphere, S. 122.

[35] Schlomo Dov Goltein, Changes in the Middle East 950-1050, in: Papers on Islamic History 1973, zitiert nach Heidemann, Frömmigkeit und Wohltätigkeit, S. 61.

[36] Heidemann, Frömmigkeit und Wohltätigkeit, S. 63.

[37] Kogelmann, Wandel des islamischen Stiftungswesens, S.223.

[38] Hoexter, Waqf and Public Sphere, S. 134.

 

[1] Vgl. Jeffrey A. Schoenblum, „The Role of Legal Doctrine in the Decline of the Islamic Waqf: A Comparison with the Trust“, S. 1195,  in: Vanderbilt Journal of Transnational Law, Vol. 32, S. 1191- 1227. Vanderbilt 1999 sowie William Fratcher, “The Islamic Wakf”, Missouri Law Review 1971, URL: http://scholarship.law.missouri.edu/mlr/vol36/iss2/1 (Letzter Zugriff: 30.9.2016)

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